Für die Versachlichung der Beitragsdebatte

Hinweis: Diese Seite ist möglicherweise veraltet, weil sie eine Unterseite dieser ARD-Pressemeldung ist.

Die ARD respektiert den parlamentarischen Prozess in der Diskussion um den Rundfunkbeitrag. Viele Behauptungen in der hitzig geführte Debatte entsprechen allerdings nicht den Tatsachen.

"Der öffentlich-rechtliche Grundauftrag besteht aus Information, Bildung und Kultur."

Es gibt keinen "Grundauftrag", aber eine sogenannte "Grundversorgung". Die Grundversorgung umfasst neben der Information, Bildung, Kultur auch den Bereich Unterhaltung.

Hier beispielhaft der Programmauftrag des WDR (laut WDR-Gesetz): "Der WDR hat in seinen Angeboten einen umfassenden Überblick über das internationale, europäische, nationale und regionale Geschehen in allen wesentlichen Lebensbereichen zu geben. Die Angebote haben der Information, Bildung, Beratung und Unterhaltung zu dienen. Der WDR hat Beiträge zur Kultur und Kunst anzubieten. Das Programm soll das friedliche und gleichberechtigte Miteinander der Menschen unterschiedlicher Kulturen und Sprachen im Land fördern und diese Vielfalt in konstruktiver Form abbilden."

"Alle Bürgerinnen und Bürger müssen jeden Monat 17,50 Euro bezahlen."

In Deutschland zahlt seit 2013 nur noch jeder Haushalt den Rundfunkbeitrag. Das Beitragsmodell hat seinerzeit das Gebührenmodell abgelöst. Dabei gilt das Solidarprinzip: Wer sich den Beitrag nicht leisten kann, weil er Sozialleistungen erhält, kann sich befreien lassen. Mehr als 3 Millionen Privatpersonen sind befreit oder zahlen einen ermäßigten Beitrag (Stand: 2019).

"Viele Produktionen sind durch Corona ins Wasser gefallen. Da muss doch viel Geld übriggeblieben sein."

Das Gegenteil ist der Fall.

  • Beispiel Sportveranstaltungen: Die großen Events sind lediglich verschoben. Das heißt: Die Kosten für Produktionen und Rechte fallen trotzdem an. Die langfristigen Vorbereitungen der Sender für Großveranstaltungen im Jahr 2020 waren zudem bereits in vollem Gange. Diese Vorbereitungen mussten gestoppt, die angefallenen Kosten abgeschrieben werden und stehen für die auf 2021 verschobenen Wettbewerbe erneut an.
  • Beispiel TV-Produktionen: Viele aktuelle Produktionen (Shows etc.) sind aktuell aufgrund der Corona-Hygienebestimmungen deutlich teurer (Masken, Tests, längere Drehzeiten  etc.).
  • Beispiel Einnahmeausfälle: Die Werbeumsätze sind coronabedingt zurückgegangen und auch beim Rundfunkbeitrag rechnen die Öffentlich-Rechtlichen mit weniger Einnahmen als geplant – u.a. weil perspektivisch mehr Menschen Befreiungen in Anspruch nehmen könnten.
  • Beispiel Entlastungen für Unternehmen: ARD, ZDF und Deutschlandradio haben sich auf weitere Entlastungen für besonders von der Corona-Pandemie betroffene Unternehmen verständigt. Dazu weiten sie die Möglichkeit für Unternehmen aus, sich auch wegen coronabedingten Teil-Lockdown von der Rundfunkbeitragspflicht freistellen zu lassen.
  • Zudem unterstützt die ARD seit Beginn der Corona-Krise mit großem finanziellem Engagement sowie schnellen, pragmatischen Maßnahmen die Kreativwirtschaft.

 "Es ist nicht der richtige Zeitpunkt, um an eine Erhöhung zu denken."

Das suggeriert, dass die Öffentlich-Rechtlichen den Zeitpunkt frei gewählt hätten. Das KEF-Verfahren ist aber gesetzlich festgelegt und folgt einem Vier-Jahres-Turnus, der sogenannten Beitragsperiode. Die aktuelle Periode (17,50 Euro) endet Ende 2020.

Zum ersten Mal seit zwölf Jahren sieht die Empfehlung der KEF wieder eine Beitragspassung vor. Die Länderchefs und -chefinnen bezeichnen diese Erhöhung um 86 Cent als „moderat“. 2015 wurde der Beitrag sogar von 17,98 Euro auf 17,50 Euro gesenkt.

"60 Radiosender und diverse TV-Sender sind zu viel. Die Sender sollen sich beschränken."

Die Landesrundfunkanstalten und ihre Intendantinnen und Intendanten können selbst keine Sender "abschalten". Sie haben für ihre Programme einen Auftrag vom Gesetzgeber. In dem jeweiligen Landesgesetz sind die Anforderungen und zum Beispiel die Zahl der Radiosender genau festgelegt. Also müsste die Politik den jeweiligen Auftrag überprüfen und gegebenenfalls neu fassen, falls die Gesamtzahl der Sender sinken soll.  

"Eine echte Strukturdebatte ist in den vergangenen zehn Jahren nicht geführt worden."

Die ARD hat vor drei Jahren zusammen mit dem ZDF und dem Deutschlandradio das Vorhaben „Auftrag und Strukturoptimierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im digitalen Zeitalter“ aufgesetzt. Mit dieser größten Reform in der Geschichte der ARD werde bis 2028 insgesamt 588 Millionen Euro eingespart – insbesondere in der Verwaltung (durch Standardisierung und Digitalisierung).

Zudem sind die einzelnen Landesrundfunkanstalten dabei, sich neu zu strukturieren, um den digitalen Anforderungen zu entsprechen und um kostengünstiger zu arbeiten. Zuletzt haben unter anderem der NDR und der RBB weitreichende Sparprogramme aufgelegt.

Eine Reform, die alle Landesrundfunkanstalten betrifft, ist die Neuregelung der Altersversorgung. Diese Reform führt bis 2024 zu Einsparungen von mehr als einer Milliarde Euro.

"Die Sender haben kaum mitgewirkt, wenn die Politik Reformen angemahnt hat."

Die Vorschläge zur großen Strukturreform haben ARD, ZDF und Deutschlandradio der Rundfunkkommission der Länder übergeben. Die Sender haben die Strukturreform maßgeblich mit Projekten gefüllt. Darüber hinaus gibt es weitere Vorschläge und Forderungen (z.B. Flexibilisierung des Auftrags, Budgetierung der Anstalten).

Aber: Änderungen der Landesmediengesetze, in denen der Auftrag der Sender festgeschrieben ist, können diese nicht selbst verändern (siehe auch Punkt 5).

"Die ostdeutschen Beitragszahler*innen finanzieren die westdeutschen Sender mit."

Die ostdeutschen Beitragszahlerinnen und Beitragszahler – beispielsweise im Sendegebiet des MDR – finanzieren mit ihrem Beitrag in erster Linie den MDR sowie anteilig das ZDF und das Deutschlandradio. Durch einen internen Finanzausgleich innerhalb der ARD zahlt der MDR zudem jährlich einen einstelligen Millionenbetrag an den Saarländischen Rundfunk und Radio Bremen. Den Großteil in diesem solidarischen Finanzausgleich zahlen jedoch die großen Landesrundfunkanstalten wie WDR, SWR, NDR und BR.

"Das Beitragsmodell nimmt keine Rücksicht auf die finanzielle Situation während der Coronakrise."

Unternehmen, Institutionen und Einrichtungen des Gemeinwohls, die hart von der Corona-Krise getroffen wurden, brauchen unter bestimmten Voraussetzungen keinen Rundfunkbeitrag zu zahlen. Sie können eine Freistellung von der Rundfunkbeitragspflicht beantragen, wenn ihre Betriebsstätte aufgrund einer behördlichen Anordnung für insgesamt mindestens drei Monate geschlossen war. Die geschlossen Tage lassen sich dabei auch über größere Zeiträume addieren. Damit kommen ARD, ZDF und Deutschlandradio eben jenen Unternehmen entgegen, die große Verluste durch die Corona-Krise einfahren. Menschen, die Sozialleistungen beziehen, können sich jederzeit vom Rundfunkbeitrag befreien lassen. Aktuell sind rund 3 Millionen Privatpersonen befreit bzw. zahlen einen ermäßigten Beitrag.

"Es kann nicht sein, dass die ARD nur eine Gemeinschaftseinrichtung im Osten angesiedelt hat."

Neben den ostdeutschen Standorten von MDR, RBB und NDR sitzen in Potsdam noch die Gemeinschaftseinrichtungen ARD-Playout-Center, ARD-Digital und ARD-Text. Zudem gibt es die beiden großen Gemeinschaftseinrichtungen KiKA in Erfurt und ARD-Hauptstadtstudio in Berlin. Auch ein Standort des Deutschen Rundfunkarchivs befindet sich in Ostdeutschland.

Außerdem haben die Intendanten und Intendantinnen der ARD beschlossen, den Standort eines neuen Kulturangebots der ARD 2021 im Sendegebiet des MDR anzusiedeln. Darüber hinaus werden viele Sendungen und Filme durch Gemeinschaftsetats der ARD in Ostdeutschland hergestellt: "In aller Freundschaft", "In aller Freundschaft - die jungen Ärzte", "Weißensee", "Der Turm", "Familie Dr. Kleist", "Brisant", u.v.m.

"Warum soll ein Intendant doppelt so viel Geld bekommen wie unser Bundespräsident?"

Das Gehalt der Intendantinnen und Intendanten legen die Aufsichtsgremien der Sender fest. Keine Intendantin und kein Intendant verdient doppelt so viel wie der Bundespräsident. Einige weniger, einige mehr. Der WDR-Intendant verdient rund 395.000 Euro, der Bundespräsident rund 325.000 (inklusive Aufwandsentschädigung).

"Es gibt sehr viele Leute, die sagen, der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist verzichtbar."

Eine deutliche Mehrheit von 84 Prozent der Erwachsenen ab 14 Jahren findet den öffentlich-rechtlichen Rundfunk vor allem auch in der Corona-Situation wichtig oder sehr wichtig für die Allgemeinheit. Auch in Sachsen-Anhalt ist die Zustimmung groß: 79 Prozent der Menschen dort halten den öffentlich-rechtlichen Rundfunk für nicht verzichtbar.

"Der Großteil der Beitragsanpassung wird für die Pensionskosten aufgewendet."

Die Gesamtkosten für festangestelltes Personal (d.h. Gehalt, Sozialleistungen, Altersversorgung) liegt in der ARD bei rund 36 Prozent der Gesamtaufwendungen. Das System der Altersversorgung für Mitarbeiter*innen wurde zudem 2017 gemeinsam mit den Tarifparteien reformiert und die Kosten erheblich gesenkt.

"Die Beitragszahler*innen zahlen zum Großteil den Apparat, zu einem Bruchteil das Programm."

Die ARD investiert rund 80 Prozent ihrer Mittel unmittelbar ins Programm. Knapp 40 Prozent allein für den Einkauf von Programm (Ko- und Auftragsproduktionen, Erwerb von Senderechten/Lizenzen für Filme inkl. Sport, Vergütungen für freie Mitarbeiter). Dazu kommen die Kosten für Eigenproduktionen – die gerade im Hörfunk und in der Information in erster Linie mit Personal- und Produktionskosten verbunden sind.

Die ARD trägt jährlich 7,7 Milliarden Euro zum Bruttoinlandsprodukt bei. Das entspricht dem 1,4-fachen der Beitragseinnahmen. Neben den festangestellten Mitarbeitern beschäftigt die ARD regelmäßig rund 100.000 freie Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Mit nahezu 3.500 Ausbildungsverhältnissen pro Jahr leistet die ARD einen besonderen Beitrag für die Berufsbildung junger Menschen. Die ARD hat 2019 für 845,5 Millionen Auftragsproduktionen in Deutschland beauftragt.

"Ein Urteil hat es schon mal ermöglicht, aus wirt. Gründen von der KEF-Empfehlung abzuweichen."

Das Gegenteil ist der Fall. Am 11.9.2007 hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die Rundfunkgebühr (Zeitraum 2005-2008) erhöht werden muss – entgegen dem Ansinnen der Länder.  

"Viele Menschen nutzen ARD, ZDF und Deutschlandradio gar nicht."

Jeden Tag schenken 80 Prozent der Menschen in Deutschland der ARD ihre Aufmerksamkeit. In einer Woche sind es 94 Prozent. Sie nutzen dabei im Durchschnitt fünf Programmangebote im Fernsehen, Radio oder Internet (vgl. ARD Akzeptanzstudie 2018).

9.12.2020