Katrin Hatzinger gibt Einblicke in ihre Vision für die Arbeit innerhalb der GVK

1. Wie definieren Sie Ihre Rolle als Vorsitzende des Hörfunkrats von Deutschlandradio?

Wir bewegen uns aktuell in politisch und auch medienpolitisch bewegten Zeiten. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk steht vor wichtigen Zukunftsfragen – angefangen von der Finanzierung bis hin zur Digitalisierung und der Ausgestaltung der Telemedienangebote. Der Reformdruck auf das öffentlich-rechtliche Rundfunksystem wächst, teilweise sicher auch zu Recht. Gleichzeitig sind mit dem 3. Medienänderungsstaatsvertrag neue und erweiterte Aufsichts- und Kontrollpflichten auf die Gremien zugekommen, sowohl im Hinblick auf die Qualität des Programms als auch im Hinblick auf Fragen der Wirtschaftlichkeit.

Als Gremienmitglieder engagieren wir uns ehrenamtlich und im Sinne des Gemeinwohls und fungieren als wichtiges Beratungs- und Kontrollgremium für das Deutschlandradio und seine Leitungsebene. Vor diesem Hintergrund sehe ich mich als Vorsitzende und uns als Hörfunkrat als kritisches Gegenüber zum Sender und seiner Geschäftsleitung. Mir ist es ein wichtiges Anliegen, dass wir uns als Gremium weiter professionalisieren und auf Augenhöhe mit den Senderverantwortlichen in Austausch treten können. Dabei gilt es, gelegentlich auch ein wenig unbequem zu sein. Gleichzeitig halte ich es für unabdinglich, Compliance- und Governance-Fragen noch ernster zu nehmen und die entsprechenden Kapazitäten aufzubauen, um den neuen Erwartungen und Aufgaben gerecht zu werden. Ich bin dankbar, dass neben den engagierten Mitarbeitenden des Gremienbüros mit Michael Deutscher und Frau Prof. Annette Leßmöllmann zwei kompetente Stellvertreter/-innen an meiner Seite stehen, die mich mit Rat und Tat unterstützen und ihre Gremienerfahrung und ihre Fachexpertise einbringen.

2. Welche Herausforderungen sind Ihnen in den ersten Monaten als neue Vorsitzende begegnet – und wie haben Sie sie gelöst?

Der Hörfunkrat hat sich Anfang 2024 neu konstituiert. Die Hälfte der Mitglieder ist neu dabei. Der Programmausschuss musste neu besetzt werden, wie auch der Wirtschafts- und Finanzausschuss. In Planung ist ein nichtständiger Ausschuss „Digitales und Innovation“, um Deutschlandradio bei den Herausforderungen der kommenden Jahre kritisch-konstruktiv zu begleiten. Deshalb waren die ersten Monate geprägt von Kennenlernen, Zuhören, Expertisen ausmachen, Netzwerken, Ideen entwickeln und den Versuchen, Neues auf den Weg bringen. Hier würde ich mir manchmal wünschen, dass Manches schneller voranginge. Aber gut Ding will Weile haben.

3. Wie sieht Ihre Mission & Vision für den Deutschlandfunk-Hörfunkrat aus?

Das sind beides große Begriffe. Unsere Aufgaben sind ja klar abgesteckt: die Kontroll-Zuständigkeiten der Aufsichtsgremien wurden zuletzt deutlich gestärkt, was im Umkehrschluss bedeutet, dass die Ratsmitglieder deutlich mehr Verantwortung tragen – wenn es um die Auftragserfüllung geht, aber auch um das wirtschaftliche Agieren der Häuser. In der Praxis heißt das für mich und die Kolleginnen und Kollegen aus dem Hörfunkrat zunächst: schauen, nach welchen Kriterien wir verlässlich die Programmqualität bemessen und diese dann mit Leben erfüllen.

Außerdem gilt es, die aktuellen medienpolitischen Debatten und die technischen und finanziellen Entwicklungen im Blick zu behalten. Ich verstehe den Hörfunkrat als Sparringspartner, der gemeinsam mit der Geschäftsleitung nach zielorientierten Lösungen sucht, um die Programme möglichst gut aufzustellen. Mir ist es wichtig, dass wir uns weitere Kompetenzen aufbauen – auch durch externe Beratung und den engen Austausch mit anderen Gremienvertretern – und uns in die Lage versetzen, die zahlreichen Aufgaben unabhängig wahrzunehmen. Wichtig wäre mir, dass wir von der nachträglichen in eine vorausschauende Beratungssituation kommen. Schon in der ersten regulären Sitzung ist mir wohltuend aufgefallen, dass im Deutschlandradio-Hörfunkrat Menschen aus allen Teilen Deutschlands zusammenkommen, die Lust auf ihr Mandat haben und Expertise mitbringen, von der auch die Programmmacher/-innen nur profitieren können.

4. Wie nehmen Sie die bisherige Zusammenarbeit innerhalb der GVK wahr?

Wie möchten Sie sie künftig gestalten? Ich hatte bislang erst einmal das Vergnügen, als ständiger Gast an der GVK-Sitzung teilzunehmen, und zwar im April in Leipzig. Von daher muss ich mich erst noch ein bisschen orientieren. Allerdings bin ich dort bereits auf geballte Gremienkompetenz gestoßen und eine große Bereitschaft zum kollegialen Austausch. Das habe ich als sehr bereichernd und auch bestärkend wahrgenommen. Ich denke, dass die Gremienvorsitzendenkonferenz einen sehr wertvollen Rahmen für Austausch und Absprachen bietet. Insofern habe ich aus Leipzig viele Anregungen und Impulse mitgenommen. Gern bin ich künftig bereit, bei sich bietender Gelegenheit von unserer Arbeit im Hörfunkrat zu berichten.

Wir leben in sehr aufregenden medienpolitischen Zeiten. Es wäre kurzsichtig, sich zwischen den Gremien nicht abzustimmen und nach gemeinsamen Schnittmengen zu schauen. Wir alle verfolgen ein Ziel – so verstehe ich es zumindest: einen starken, vielfältigen und unabhängigen öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu erhalten und ihn dahingehend zu kontrollieren, dass er möglichst gute und breite Angebote unterbreiten kann und dabei sorgsam mit den Beitragsgeldern umgeht. Ich freue mich daher schon auf die nächste Begegnung in Köln.

5.6.2024